Stippvisite in der Natur

Katinger Watt

Ein Ausflug zu den Beobachtungshütten im Katinger Watt

Vogelbeobachtung im Katinger Watt ist ergiebig und immer wieder überraschend. Das habe auch ich wieder bemerkt, als ich Anfang August Spektiv, Fernglas und Kamera in die Hand genommen habe, um mich erneut dorthin zu begeben, wo ich jetzt schon so häufig den Vögeln nah war. Vom NABU Naturzentrum Katinger Watt aus ist man in 5 Minuten zu Fuß bei den Beobachtungshütten angekommen. Man kann sich aber auch gerne auf dem Weg schon Zeit nehmen, um die Natur zu genießen. So kam mir direkt ein Trupp neugieriger Schafe entgegen und auf dem Teich direkt am Deich zogen bereits die ersten Entenfamilien entlang. Auch die Rauch-, Mehl- und Uferschwalben, die mir die ganze Zeit knapp über den Kopf fliegen sind ein pures Naturspektakel. Zwischen den Wällen, die zu den Hütten führen, angekommen, bin ich plötzlich raus aus dem Alltagsstress, links und rechts von mir summt und brummt es überall, denn die Seiten des Weges sind gespickt von Blumen auf denen sich Wildbienen tummeln. Außerdem gibt es immer wieder kleine Schilder auf denen Wissenswertes zu den besagten Pflanzen kundgegeben wird.

Nun muss ich mich entscheiden welche der Beobachtungshütten ich zuerst betrete, denn jede Hütte hat ihren eigenen Charakter und zieht andere Vogelarten an. Vor der linken Hütte, in welche ich zuerst gehe, liegt eine, von einem kleinen Wall und Graben umgebene, Insel. Besonders im Herbst und Frühjahr herrscht auf dem Graben ein reges Treiben von Enten, jetzt in den Sommermonaten ist kaum Wasser im Graben und daher spielt die Musik eher auf der Insel selbst. Hier beobachte ich eine kleine Gruppe von Staren bei der Futtersuche. Außerdem sitzen Stieglitze und Bluthänflinge mit ihren flüggen Küken in der Wiese und fliegen von Distel zu Distel. Mein Highlight ist hier jedoch der Haussperling, welcher in unmittelbarer Nähe zur Hütte beheimatet sein muss. Ihn bemerke ich, als es direkt vor der Hütte ziemlich laut wird. Eine der Rauchschwalben, welche in der Hütte brüten und während meiner Beobachtungszeit immer wieder durch die Luken rein und raus fliegen, zankt sich mit dem Sperling. Denn dieser sitzt auf dem Pfosten direkt vor der Hütte, ein begehrter Platz bei den Schwalben. Aber er lässt sich seinen Platz nicht streitig machen und nach einem kurzen Konflikt, zieht die Rauchschwalbe ab. Nun kann ich ihn, keine zwei Meter von mir entfernt, dabei beobachten, wie er mit vollem Schnabel die Umgebung auskundschaftet.

Die nächste Beobachtungshütte, welche mit der Unterstützung von Leica gebaut wurde, liegt genau auf der anderen Seite des Weges. Hier ist man dennoch plötzlich in einer anderen Welt. Die Hütte steht auf Stelzen am Ufer eines großen Teiches, man schaut also zunächst auf eine Wasserfläche. Hier wimmelt es nur so von Enten, auch das Haubentaucherpärchen, welches im Schilf direkt vor der Hütte gebrütet hat, entdecke ich mit einem Küken wieder. Auf einer etwas vorgelagerten Insel rasten an die Hundert Kampfläufer. Dazwischen stochert eine Bekassine im Schlamm herum. Etwas weiter weg jagt eine junge Flussseeschwalbe, die vermutlich der Brutkolonie am nahegelegenen Eidersperrwerk entsprungen ist. Als ich gerade gehen will, bemerke ich im Augenwinkel noch eine weitere kleine Limikole und bei näherem Hinsehen wird klar, ein Waldwasserläufer hat sich aus dem Grün der Insel getraut um am Ufer nach Nahrung zu suchen.

Nun mache ich mich auf zur letzten Beobachtungshütte, welche am hinteren Ende der Wälle liegt. Hier findet man Aspekten aus beiden anderen Hütten wieder, relativ viel Wiesenfläche, mit ganzjährig Wasser führenden Gräben. Zudem hat man einen sehr guten Blick auf den Waldrand, wo man immer Ausschau nach diversen Greifvögeln, wie z.B. dem Seeadler halten kann. Heute sehe ich ihn leider nicht. Stattdessen sitzen zwei Graureiher fokussiert am Rand vom Wasser und die Schwalben sind, wie bereits in der ersten Hütte, überall um mich herum. Ich erschrecke mich fast schon, als direkt vor mir etwas auf dem Wasser auftaucht. Es handelt sich dabei nicht um eine Tauchente, welche mir vorher nicht aufgefallen ist, sondern stattdessen um einen unerwarteten Gast. Ein Bisam schwimmt entspannt im Wasser vor mir. Gut unterscheiden vom heimischen Biber kann man ihn an dem dünnen Schwanz. Als er wieder abtaucht, nehme ich das als Zeichen und mache mich auch wieder auf den Heimweg. Ich werde mit Sicherheit noch mehrfach in meiner Freizeit bei den Beobachtungshütten im Katinger Watt vorbeischauen, denn ich sehe doch immer wieder etwas Unerwartetes, Wundervolles oder Neues.

Jonathan Reher




Jonathan Reher
, Bundesfreiwilligendienstleistender im NABU Naturzentrum Katinger Watt 2020/2021. Beginnt im Herbst ein Umweltwissenschaftsstudium und ist leidenschaftlicher Vogelbeobachter.

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