Im seichten Wasser der Lagunen und des Windwatts vor Pramort an der Ostspitze der Halbinsel Zingst und auf den Inseln Barther Oie und Kirr befinden sich die wichtigsten Schlafplätze. Der allabendliche Schlafplatzeinflug ist ein faszinierendes Erlebnis, das man z.B. von der Beobachtungshütte 3 km nördlich des NABU-Kranichzentrums in Bisdorf erleben kann. Entweder im Rahmen einer der geführten Exkursionen oder ganz privat für sich selbst. Auch ein Ausflug auf die Halbinsel Zingst lohnt sich im Frühjahr und Herbst: Tausende Zugvögel nutzen die Flachwasserzonen des Nationalparks Vorpommersche Boddenlandschaft als Trittstein auf ihrem Weg in die Brut– bzw. Überwinterungsgebiete. Ohrenlerchen, Sanderlinge, Knutts, Bekassinen, Große Brachvögel, Rotschenkel, Austernfischer, Regenpfeifer, Kampfläufer und Säbelschnäbler: Das Artenspektrum ist riesig!
Im Außenbereich des KRANORAMAs packen gerade ein Dutzend Fotografen ihre Ausrüstung zusammen, als ich im letzten Licht des Tages die Beobachtungsstation verlasse. Im Schutz des Holzgebäudes steht man in günstiger Distanz zu den Fütterungsflächen. Der für Fotografen ausgewiesene Bereich darf gegen Spende ganztägig benutzt werden und erfreut sich gerade in den frühen Morgen– und späten Nachmittagsstunden großer Beliebtheit. Auf meinem Weg zurück zum Parkplatz treffe ich einen besonders schwer bepackten Fotografen. Er hatte eine der vier Fotohütten gemietet, die Kranichschutz Deutschland ambitionierten Fotografen zur Verfügung stellt, und einen Tag lang Impressionen von den Günzer Seewiesen gesammelt. Begeistert erzählt er mir von vorüberstreifenden Rehen im dichten Nebel, balzenden Kranichen direkt vor seiner Hütte, einem gurrenden Hohltaubenpärchen, einem Fuchs, der um die Gänseschar herumschlich, und dem Seeadlerbesuch, den er aus nächster Nähe erlebt hat. 12 Stunden in der engen Hütte, die nach dem Vorbild der schwedischen Exemplare am Hornborga-See gebaut wurde und die vor Sonnenaufgang betreten und erst nach Sonnenuntergang wieder verlassen werden darf, verlangen den Fotografen einiges an Geduld und Durchhaltevermögen ab. Aber fast alle sind sich einig: Das Erlebnis, auf Augenhöhe in nächster Nähe Kraniche zu beobachten und zu fotografieren, ist einmalig. Und bei vielen Fotografen und Kranichguckern ist es wie bei dem charismatischen Zugvogel: Sie kommen jedes Jahr wieder.